Finanzierung durch das IGSP

Die Neigung zum intensiven Nachdenken (NFC) und das Interesse an wissenschaftlichen Aspekten des Lehramtsstudiums bei Grundschulstudierenden

 

Beschreibung:

Diese Dissertation verortet sich in der Professionsforschung und beschäftigt sich mit der Professionalisierung von Lehrkräften während des Studiums an der Universität. Durch die Verortung der Lehrkräftebildung an der Universität wird die Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit als modus operandi zum Mittel, Inhalt und Zweck studentischen Lernens. Dieser Anspruch mündet aus strukturtheoretischer Perspektive prägnant beschrieben in der Genese eines reflexiv-forschungsorientierten Habitus im Lehramtsstudium (Helsper 2021, Oevermann 2002).

Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit ein Interesse an wissenschaftlichen Aspekten des Studiums mit der Persönlichkeit der Studierenden zusammenhängt. Mit der dezidierten Frage nach der Persönlichkeit kann diese Forschung im Persönlichkeitsmerkmalsansatz der Lehrkräftebildung verortet werden, der sich Methoden aus der Persönlichkeitspsychologie aneignet, um damit über das Verhältnis von Persönlichkeit und Professionalisierung im Lehramtsstudium aufzuklären.

Im Fokus der Forschung steht das Persönlichkeitsmerkmal NFC (Need for Cognition): die Neigung zu kognitiv aufwändiger Tätigkeit, zu intensivem Nachdenken. Der NFC drückt aus, inwiefern sich Individuen also bei Tätigkeiten wie logischem Denken, Argumentation, Erwerb von Informationen, und der Lösung komplexer Probleme unterscheiden (Cacioppo & Petty, 1982). Der NFC gilt als stabiles Persönlichkeitsmerkmal und wird mit einer quantitativen Skala erfasst (Preckel 2013)

Ziel und Forschungsfragen des Projekts:

Wie wirkt sich die individuelle Neigung zu kognitiv aufwändiger Tätigkeit (NFC) von Grundschulstudierenden auf das Interesse an wissenschaftlichen Aspekten des Studiums aus?

Das Ziel dieser empirischen Untersuchung ist es, den theoretisch vermuteten Zusammenhang zwischen dem NFC als quantitativ messbarem Kennwert und dem Interesse an wissenschaftlichen Aspekten des Studiums bei Grundschulstudierenden quantitativ und qualitativ herauszuarbeiten.

Zur Generierung einer Stichprobe von Personen mit extrem hoher und niedriger NFC-Ausprägung nahmen 294 Grundschulstudierende der Universität Rostock an einer NFC-Fragebogenerhebung (Preckel 2013) teil. Aus den Teilnehmenden mit extrem hoher und extrem niedriger Ausprägung des NFC wurden Gruppen gebildet, mit denen biographisch-narrative Interviews mit besonderem Fokus auf das Erleben wissenschaftlicher Aspekte des Studiums geführt wurden, wie dem Schreiben von Hausarbeiten und der Auseinandersetzung mit Studien und Ergebnissen pädagogischer Forschung. Die Interviews werden mit qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet, um eine differenzierte Typologie der Zusammenhänge der Neigung zum intensiven Nachdenken und dem Interesse an wissenschaftlichen Aspekten des Studiums zu bilden.

Zeitraum: Oktober 2018 – März 2023

Status: laufend

Mitarbeitende: Stefan Puchberger

 

Literaturverzeichnis (Auswahl)

Bless, H., Wänke, M., Bohner, G., Fellhauer, R. F. & Schwarz, N. (1994). Need for Cognition: Eine Skala zur Erfassung von Engagement und Freude bei Denkaufgaben: Need for cognition: A scale measuring engagement and happiness in cognitive tasks. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 147–154.

Cacioppo, J. T. & Petty, R. E. (1982). The need for cognition. Journal of Personality and Social Psychology, 42(1), 116–131. doi.org/10.1037/0022-3514.42.1.116

Feist, G. J. (2012). Predicting interest in and attitudes toward science from personality and need for cognition. Personality and Individual Differences, 52(7), 771–775. doi.org/10.1016/j.paid.2012.01.005

Fichten, W. (2017). Forschendes Lernen in der Lehramtsausbildung. In H. A. Mieg & J. Lehmann (Hrsg.), Forschendes Lernen: Wie die Lehre in Universität und Fachhochschule erneuert werden kann (S. 155–164). Campus Verlag.

Furnham, A. & Thorne, J. D. (2013). Need for Cognition. Journal of Individual Differences, 34(4), 230–240. doi.org/10.1027/1614-0001/a000119

Glasersfeld, E. v. (2018). Radikaler Konstruktivismus: Ideen, Ergebnisse, Probleme (9. Aufl.). Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft. Suhrkamp.

Helsper, W. (2019). Vom Schüler- zum Lehrerhabitus: Reproduktions- und Transformationspfade. In R.-T. Kramer & H. Pallesen (Hrsg.), Studien zur Professionsforschung und Lehrerbildung. Lehrerhabitus: Theoretische und empirische Beiträge zu einer Praxeologie des Lehrerberufs. Verlag Julius Klinkhardt; Preselect.media GmbH.

Helsper, W. (2021). Professionalität und Professionalisierung pädagogischen Handelns: Eine Einführung. Professionalität und Professionalisierung pädagogischen Handelns: Band 1. Verlag Barbara Budrich. doi.org/Werner

Hiesel, E. & Lück, H. E. (1974). Entwicklung einer Kurzskala zur Messung wissenschaftlichen Interesses (WIS). Diagnostica(20), 76–83.

Huber, L. Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In (S. 9–35).

Jebb, A. T., Saef, R., Parrigon, S. & Woo, S. E. (2016). The Need for Cognition: Key Concepts, Assessment, and Role in Educational Outcomes. In A. A. Lipnevich, F. Preckel & R. D. Roberts (Hrsg.), The Springer Series on Human Exceptionality. Psychosocial Skills and School Systems in the 21st Century: Theory, Research, and Practice (S. 115–132). Springer International Publishing.

Kramer, R.‑T. & Pallesen, H. (Hrsg.). (2019). Studien zur Professionsforschung und Lehrerbildung. Lehrerhabitus: Theoretische und empirische Beiträge zu einer Praxeologie des Lehrerberufs. Verlag Julius Klinkhardt; Preselect.media GmbH. ebooks.ciando.com/book/index.cfm

Kraul, M., Marotzki, W. & Schweppe, C. (Hrsg.). (2002). Biographie und Profession. Verlag Julius Klinkhardt.

Lipnevich, A. A., Preckel, F. & Roberts, R. D. (Hrsg.). (2016). The Springer Series on Human Exceptionality. Psychosocial Skills and School Systems in the 21st Century: Theory, Research, and Practice. Springer International Publishing. gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx

Mayr, J. (2006). Persönlichkeitsentwicklung im Studium. Eine Pilotstudie zum Wirkungspotenzial von Lehrerbildung. In A. H. Hilligus (Hrsg.), Paderborner Beiträge zur Unterrichtsforschung und Lehrerbildung: Bd. 11. Standards und Kompetenzen - neue Qualität in der Lehrerausbildung? Neue Ansätze und Erfahrungen in nationaler und internationaler Perspektive. Zugl.: Paderborn, Univ., Diss., 2006 (S. 249–260). Lit.

Mayr, J. (2016). Lehrerpersönlichkeit. In M. Rothland (Hrsg.), utb Schulpädagogik: Bd. 8680. Beruf Lehrer/Lehrerin: Ein Studienbuch (S. 87–101). Waxmann.

Mayr, J., Hanfstingl, B. & Neuweg, G. H. (2020). Der Persönlichkeitsansatz in der Lehrerbildung. In C. Cramer, J. König, M. Rothland & S. Blömeke (Hrsg.), utb: Bd. 5473. Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung (S. 141–147). Verlag Julius Klinkhardt; utb GmbH.

Mieg, H. A. & Lehmann, J. (Hrsg.). (2017). Forschendes Lernen: Wie die Lehre in Universität und Fachhochschule erneuert werden kann. Campus Verlag. sub-hh.ciando.com/book/

Mussel, P. (2013). Intellect: a theoretical framework for personality traits related to intellectual achievements. Journal of Personality and Social Psychology, 104(5), 885–906. doi.org/10.1037/a0031918

Oevermann, U. (2002). Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisiertheit pädagogischen Handelns. In M. Kraul, W. Marotzki & C. Schweppe (Hrsg.), Biographie und Profession. Verlag Julius Klinkhardt.

Preckel, F. (2014). Assessing Need for Cognition in Early Adolescence. European Journal of Psychological Assessment, 30(1), 65–72. doi.org/10.1027/1015-5759/a000170

Rammstedt, B., Kemper, C. J., Klein, M. C., Beierlein, C. & Kovaleva, A. (2014). Big Five Inventory (BFI-10). doi.org/10.6102/zis76

Schütze, F. (1983). Biographieforschung and narratives Interview. Neue Praxis(3), 283–293.

Terhart, E. (2011). Lehrerberuf und Professionalität. Gewandeltes Begriffsverständnis - neue Herausforderungen. Pädagogische Professionalität, Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft. doi.org/10.25656/01:7095

Wissenschaftsrat. (2001). Empfehlungen zur zukünftigen Struktur der Lehrerbildung (Drs. 5965/01). Köln.